Ein Hund Der Sich Hinlegt Wo Er Will testo

Janus

Testo

Ein alter Mann in seinem Haus
rollt mühselig Medaillen aus,
auf einem Tuch auf seinem Bett
Ein alter Mann im Sonntagsstaat
heftet Orden akkurat
in Reih und Glied an sein Jackett
Zwei rote Sowjetsterne,
die trug er damals gerne,
die Orden nach dem großen Krieg
bekam fast jeder nach dem Sieg,
Abzeichen gab es auch für den Steckschuss im Bauch,
und dann noch zwei von den kleinen,
für die Kugeln in den Beinen
Ein alter Mann vorm Spiegel im Bad,
die Welt, sonst laut und bunt,
steht plötzlich wieder still,
er ist zurück in Stalingrad,
Die Erinnerung, sagt er,
ist wie ein Hund,
der sich hinlegt, wo er will
Ein alter Mann mit weißem Haar
denkt daran, wie es war,
in das Feindesfeuer hinein zu rennen,
Das Menschsein setzt plötzlich aus,
man schreit die Angst weinend hinaus,
die Füße und die Lungen brennen
Achtmal stürmten sie rauf,
Achtmal gaben sie auf,
beim Versuch, den Hügel zu nehmen,
der Schleifer schrie, sie soll'n sich schämen
Der Weg rauf war kaum zu schaffen,
manch einer ohne Waffen
ging mit blanken Fäusten in den Tod
Der Hügel färbte sich blutrot.
Ein alter Mann steht zittern im Bad,
stürmt zum tausendsten Mal
den verschneiten Hügel hinauf,
er ist zurück in Stalingrad
Ein alter Mann vorm Spiegel im Bad,
die Welt, sonst laut und bunt,
steht plötzlich wieder still,
er ist zurück in Stalingrad
Die Erinnerung, sagt er,
ist wie ein Hund,
der sich hinlegt, wo er will
Er schleppt die zerschossenen Beine,
die an ihm hängen wie Steine,
an schnatternden Mädchen vorbei
Er kriecht Treppenfluchten hinauf,
drück zitternd Türen auf,
die alten Orden klimpern dabei,
Sein Schlaf nach all den Jahren
scheuert sich noch immer an Träumen wund,
doch er lächelt still
Die Erinnerung, sagt er,
ist wie ein Hund,
der sich hinlegt, wo er will
Die Erinnerung, sagt er,
ist wie ein Hund,
der sich hinlegt, wo er will.